1. vulkanausbruch par excellence

Manchmal sieht man es im Supermarkt oder auf dem Spielplatz. Immer und überall hört und liest man auch davon. Oft wird davor gewarnt, dass man nun so richtig durchgreifen und Grenzen setzen müsse. Für die meisten Eltern ist es eine enorm anstrengende und kräftezehrende Phase. Ich spreche natürlich von der Wut, die in den Mini-Menschen aufkommt, wenn sie sich eine Situation nun ganz anders ausgemalt oder überlegt haben. Schon öfter habe ich erwähnt, dass ich mir wünsche stets mit Ruhe und Gelassenheit mit unserer Frieda zu agieren und zu versuchen in Verbindung zu bleiben, auch wenn der Vulkan in ihr ausbricht und sie für mich in dem Augenblick nur wenig erreichbar ist oder zu sein scheint. Ich habe mir vorgenommen, ihr auch dann achtsam und wertschätzend zu begegnen, wenn strafende oder genervte Blicke der Umwelt (noch schlimmer: Kommentare) kommen. Natürlich wusste ich schon, dass ich viel über meine Wünsche und Vorstellungen reden kann, wenn ich so einen richtigen “Trotzanfall” (wie das Streben nach Autonomie des Kindes ja umgangssprachlich leider oft genannt wird) zuvor noch nie erlebt habe. Frieda kommt nun ins Alter, in dem sie merkt, dass sie ein eigenständiges Wesen ist und versucht sich abzugrenzen. Bei uns kann sie sie selbst sein, fühlt sich sicher und angenommen. Sie will Dinge tun, die wir auch tun. Sie entwickelt ein gesundes Selbstbewusstsein und stärkt ihr Selbstwertgefühl. Sie will nicht ärgern oder aufsässig sein, sondern hat nur noch keine Handlungsalternativen für die Führung ihrer Gefühle in besonders schwierigen Situationen parat.

Bis jetzt schimpfte und meckerte Frieda manchmal, wenn sie zum Beispiel eine frische Windel bekommen sollte. Auch warf sie sich dann hin und wieder nach hinten und wir mussten ziemlich babymoto4doll aufpassen, dass sie sich nicht verletzte, aber letztendlich war sie bisher immer noch gut abzulenken und für andere Dinge zu begeistern. So konnte das eigentlich von ihr Ungewollte dann doch erledigt werden. Jetzt war es allerdings auch bei uns so weit. Die erste richtige Wut unseres Mini-Menschen-Mädchens kam plötzlich und blieb sogar verhältnismäßig lange. Selbstverständlich war alles dabei, was dazu gehört. Weinen, Tränen, Kreischen, Schreien, Hinwerfen, Hauen und (der Versuch) zu Kratzen. Ich konnte sie zunächst immer nur noch so festhalten, dass sie mit dem Kopf zumindestens nicht auf den Steinboden fiel. Immer und wieder machte sie sich steif und drückte sich nach hinten. Und als wäre es nicht schon genug für meinen ersten richtigen “Wutausbruch” als Mama unseres kleinen Mini-Menschen-Mädchens, fand das ganze Spektakel natürlich auch nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern spielte sich in unserem Innenhof ab. So konnte uns zumindestens die halbe Nachbarschaft hören und nach gut 10 Minuten des Sich-Nicht-Beruhigens (übrigens mindestens gefühlte 30 Minuten!), stand auch schon der erste Nachbar auf dem Balkon. Juhuuu.

Was war passiert? Frieda war kurz mit ihrem Trike unterwegs, fuhr glücklich und vergnügt vorwärts und rückwärts. Dann allerdings rückwärts gegen eine Hauswand. Sie wollte weiter. Das klappte natürlich nicht. Sie begann zu weinen, ich bot ihr mit den Worten “Darf ich dir vulkanausbruchhelfen?” meine Hilfe an. Kopfschütteln, weiterer Protest. Ich täuschte mich, als ich dachte, dass sich unser Mini-Menschen-Mädchen vielleicht beruhigen könnte, wenn ich das Laufrad einfach  doch ein Stückchen von der Wand wegschiebe. Fehlanzeige. Noch schlimmerer Protest. Wir beide hatten uns in Bruchteilenvon Sekunden also nun wortwörtlich FESTGEFAHREN. Egal, was ich anbot, nichts war richtig. Zuletzt musste ich sie (gegen ihren Willen) vom Laufrad nehmen, denn das Ganze drohte dann durch ihre Vehemenz gefährlich zu werden. Ich blieb’ recht ruhig, trotz der Blicke von oben. Ich sprach sie immer wieder an, spiegelte ihre Gefühle, bot ihr meine Arme an und auch immer wieder warmen Tee, den sie liebt. Irgendwann war Frieda in der Lage meine Zuwendung anzunehmen und wir konnten nach einer kurzen Kuschelphase gemeinsam einräumen und in die Wohnung gehen.

Die nächste Vulkanausbruch ließ aber auch nicht mehr lange auf sich warten. Diesmal eine Situation bei Essen. Der Teller war leer, ich räumte (wie immer) ab und plötzlich warf sie sich in ihrem Stühlchen nach hinten. Irgendetwas war nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Ich weiß bis jetzt noch nicht was genau der konkrete Auslöser war. Zum Glück konnte ich sie diesmal schneller mit Zuwendung “zurückholen”. Dann war es ihr Wunsch Kaffeepulver in den Siebträger der Kaffeemaschine zu füllen. Ebenso wie Guido und ich es mehrmals am Tag tun. Ich versuchte ein Pulver-Desaster zu vermeiden, erlaubte ihr aber in kleines bißchen zu löffeln. Fakt ist wahrscheinlich: Es wird ab jetzt immer mehr kleine und vielleicht bald auch schon größere Vulkanausbrüche geben. Wir wollen uns dann ein Mantra aufsagen, immer schön cool bleiben, abwarten und durchatmen. Wir wollen Friedas Gefühle verbalisieren und spiegeln, uns aber auch mal von ihr überzeugen lassen und “verhandeln”. Wir wollen nicht einfach nur konsequent bleiben, uns durchsetzen und Grenzen setzen, weil man das als Eltern muss. Außerdem wünsche ich mir weiterhin, dass wir sonst Prävention betreiben und kritische Augenblicke vermeiden, wenn wir ohnehin schon wissen keine Zeit zu haben. Ich wünsche uns  einfach Gelassenheit und innere Ruhe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert