leute, das ist nicht lustig

ALLTAGSGESCHICHTEN Kennt ihr auch diese Erwachsenen, die euren Mini-Menschen-Kind mit ironischen und unlustigen Scherzen begegnen? Ja, vielleicht sind sie unbeholfen, wollen komisch sein und das Kind zum Lachen bringen. Dabei merken sie aber gar nicht, dass dieses kleine Wesen die Witze gar nicht versteht und selbst wenn es sie verstehen könnte, gar nicht lustig finden würde. Wir treffen im Familien- und Bekanntenkreis leider immer wieder auf diese Spezies und ich mache die Erfahrung, dass alles erklären und reden nichts nützt. Bei dem nächsten Wiedersehen werden wieder ähnlich bescheuerte Scherzchen gemacht. Das Kind ist total irritiert, versteht die Welt nicht mehr, fühlt sich manchmal sogar bedroht, ist verängstigt und will (verständlicher Weise) zukünftig gar nicht mehr auf diese Personen treffen. Ist natürlich keine Frage, dass ich des lieben Socialisings wegen in solchen Situationen nicht beschämt mitlache, sondern für unsere Frieda und ihre Belange einstehe und ihre entstandenen Gefühle begleite. Nein, unsere Frieda „muss da nicht durch“!

Unser Klassiker der Erwachsenenspäße ist das Wegnehmen von Spielsachen oder anderen schönen Dingen. „Das ist jetzt meins!“. Ha, ha, ha. Oder:„Ist das jetzt meins?“ Wie soll ein Kind das denn bitte verstehen und einordnen? Ah, ja, sehr logisch. Der Erwachsene meint etwas anderes als er es sagt und macht. Lustig. Erleben wir aber tatsächlich immer wieder. Ich frage mich, was denn da in den Menschen vorgeht, die solche Witze machen? Stellt sich mal einer vor, man würde diesen Personen etwas Liebgewonnenes wegnehmen und diesen Spruch bringen. Lustig? Ich lache dann jedenfalls nicht mehr und nett finde ich diesen Menschen dann erst recht nicht. Kitzeln ist auch so ein Kracher. Warum glauben so viele Menschen, dass sie durch eine vom Kind unerwünschte Kitzelattacke ganz toll Kontakt aufnehmen und dann gemeinsam lachen können? Welcher dieser erwachsenen Menschen liebt es denn, von stärkeren und körperlich überlegenen Leuten mal ordentlich durchgekitzelt zu werden? Vor allem, wenn sie einem eher fremd als vertraut sind. Weitere Highlights bei uns sind: Verstecken und Erschrecken, Fangen und Kriegen oder – je nach Alter -scherzhafte Provokationen z.B. bei einem Brettspiel wie „Jetzt mal aufgepasst, ich gewinne“. Super sind auch so emotionale Fails von der lieben Verwandtschaft, die schon Drohungen und Erpressungen gleichkommen. „Dann ist die Tante aber traurig.“ Das Verantwortlichmachen unseres Mini-Menschen-Mädchen für die Gefühle anderer löst in mir einfach nur noch ganz schlimme Wut aus. Vor solchen Aussagen möchte ich unsere Frieda echt gerne beschützen. Leider passiert es immer mal wieder. Nicht oft, aber es kommt vor. Ich bin dann für sie da, klar.

Ja, natürlich gibt es nicht nur eitel Sonnenschein auf der Welt und auch ich sehe ein, dass unser Mini-Menschen-Mädchen viele verschiedene Menschen und Persönlichkeiten kennenlernen sollte. Auch sie soll natürlich merken, dass nicht jeder Mensch freundlich ist und dass man sich bei einigen Menschen sicherer und aufgehobener fühlt als bei anderen. Wichtig ist mir dann aber, dass sie mit den entstandenen Gefühlen nicht alleine dasteht. Dennoch wünschte ich, dass ich alle doofen Witzemacher einfach packen und wachrütteln könnte. Dass sie ein für alle mal aufhören kleinen Mini-Menschen-Kinder so zu nahe zutreten und sie dabei sogar teilweise noch zu verängstigen. Für Kinder ist eben längst nicht alles witzig, was Erwachsene komisch finden. Mini-Menschen-Kinder fühlen sich bei Menschen wohl, in denen sie so sein können, wie sie sind. Sie sind dort glücklich, wo sie in Sicherheit sind, verstanden werden und wo sie sich auf Menschen und ihre Aussagen verlassen können. Ironie, Sarkasmus und auch den Humor und Witz anderer, erwachsener Menschen zu verstehen ist eine so komplexe sozial-emotionale Leistung, die so extrem viel Empathie erfordert, dass jüngere und ganz oft sogar ältere Mini-Menschen-Kinder sie gar nicht einordnen können. Ich wünschte das würde in die Köpfe der Leute gehen.

Habt ihr auch solche Menschen in eurem Familien- und Bekanntenkreis? Was sind eure Witz-Klassiker, die bei euren Mini-Menschen-Kindern ganz anders ankommen, als sie gemeint sind? Wie reagiert ihr?

6 Comments

  • Ich denke man sollte es etwas deferenzierter sehen.
    Eventuell ist euer kleines Mädchen diesbezüglich sehr sensibel.
    Unserem Mädel machen solche Sprüche nichts aus. Sie spielt mega gerne fangen und dergleichen.
    Einzig mag sie es nicht, wenn man Mamas Sachen anfasst. Bspw den Einkaufswagen, weil der vllt im weg steht.

  • Hab ich alles schon genau so erlebt, wie du es sehr treffend beschrieben hast! Meine damals 3jährige Tochter brach z.b. in Tränen aus, als ein entfernter Verwandter auf einer Familienfeier ihren Kinderstuhl besetzte und “da sitz ich jetzt drauf, das ist jetzt meiner” ausrief. Und Jahre später wollte sie auf einem Kindergeburtstag partout nicht bleiben, nachdem sie bemerkt hatte, dass der Vater des Geburtstagskindes anwesend war – er hatte die Kinder im Jahr zuvor immer gefangen und durchgekitzelt.
    Meiner Erfahrung nach sind es häufig Väter (sorry!), denen es an Einfühlungsvermögen mangelt. Viele verstehen einfach nicht, dass fremde Kinder etwas möglicherweise überhaupt nicht mögen, was die eigenen Kinder total toll finden. Wenn ich dabei bin, tröste ich meine Kinder natürlich und stehe ihnen zur Seite. Je älter sie werden, umso seltener bin ich natürlich dabei, und sie erzählen nicht immer alles sofort. Aber ich nehme ihre Gefühle immer ernst und wir überlegen dann gemeinsam, wie sie reagieren können, wenn sie nochmals in diese Situation geraten sollten.

  • Liebe Klara,

    da es eine Geschichte aus unserem Alttag ist und es hier nicht um andere Kinder geht, ist eine differenzierte Sichtweise eher fehlplatziert. Es beschreibt einen Teil unseres Lebens. Manche Eltern machen mit ihren Kindern ähnliche Erfahrungen, andere (so wie ihr) habt damit keine Probleme. Auf unserem Blog erzähle ich von unserem Leben und habe keinen Anspruch an Allgemeingültigkeit. Liebste Grüße, Julia und Frieda

  • Liebe Julia,
    ich fand Klaras Kommentar tatsächlich ganz hilfreich.
    Als ich deinen Text gelesen habe, habe ich mich nämlich die ganze Zeit gefragt, ob ich diesbezüglich zu unsensibel bin und vielleicht nicht mitbekomme, dass meinem Sohn so etwas passiert.
    Denn er wird auch gern durchgekitzelt und findet es aktuell (er ist 2 Jahre) oft sehr lustig wenn man ihm etwas weg nimmt. Natürlich kommt es darauf an wer das tut und in welcher Situation.
    In deinem Text klang es aber so als wären dieses Verhaltensweisen grundsätzlich zu verurteilen und das hat mich tatsächlich verunsichert.
    Insofern bin ich erst durch Klaras Kommentar und meinen eigenen jetzt darauf gekommen das selber differenzierter zu betrachten.
    Viele Grüße,
    Agnes

  • Danke dir, Agnes. Wir sind doch alle verschieden und sollten die Erfahrungswerte und Meinungen anderer Familien doch eigentlich immer hinterfragen. Dass du zu dem Entschluss kommst, dass dein Sohn das Durchkitzeln und Wegnehm-Späße lustig findet, ist das doch super und genau der perfekte Weg für euch. Für uns sind Kitzeln (von Menschen außerhalb unserer kleinen Kernfamilie) und solche Späße auf jeden Fall ein Horror.

    Mein Beitrag ist deshalb niemals allgemeingültig und für alle gleich, er soll vor allem sensibilisieren. Andere Menschen sollten mal genau hinschauen und stellen dabei dann hoffentlich fest, ob das Kind es mag oder eben nicht. Liebste Grüße, Julia

  • “Toll” finde ich es auch immer, wenn gelacht wird, wenn Kinder fallen. “Sorry, aber das sag total lustig aus!” Ähm…. okaaaay. Dann ist es natürlich in Ordnung, zu lachen,während das Kind evtl grad weinen möchte, weil es sich erschreckt oder gar wehgetan hat!

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