teilen muss nicht sein, oder?

Frieda und ich sind in unserem netten Stamm-Kindercafé mit meiner Cousine und ihrer Tochter verabredet. Ich freue mich immer außerordentlich auf diese schönen Treffen, denn während unsere Mini-Menschen-Mädchen (mal mehr, mal weniger) im Ritter- und Burgen-Ambiente spielen, rutschen, malen oder Bücher anschauen, können meine Cousine und ich gemütlich frühstücken und nach Herzenslust quatschen. Das tut gut. An diesem Tag dauert es allerdings nicht lange, da höre ich meine Frieda lautstark “Nein, das ist meins” sagen. Gleichzeitig rupft sie der Tochter meiner Cousine das Spielzeug unsanft aus der Hand. Und obwohl es meine Cousine ist, die mir gegenüber sitzt und wir sehr ähnliche Vorstellungen und Ideen von einem bedürfnis- und bindungsorientierten Umgang mit unseren kleinen Lieblingsmenschen haben, schnürt sich mir sofort der Hals zu. Ich spüre sofort einen Druck. Einen Druck etwas tun zu müssen, einzugreifen oder unserer Frieda zumindestens zu erklären, dass diese Spielzeuge nicht nur ihr, sondern allen Kindern im Kindercafè “gehören”. Verrückt! Da steigt definitiv eine Angst in mir hoch als schlechte Mama dazustehen. Eine Angst, dass andere Eltern schlecht über meine Tochter, mich und unsere Ansätze und Werte denken könnten. Zum Glück ist es in diesem Fall meine Cousine, der ich meine Gedanken und Gefühle dazu auch sofort genau so mitteilen kann. Und zum Glück beruhigt sie mich und signalisiert mir, dass sie all’ das nicht über uns denkt und sie auch der Meinung ist, dass Mini-Menschen-Kinder nicht teilen müssen und Selbstwirksamkeit auch unter Kindern erprobt werden muss.

Auf dem Spielplatz war es oftmals schon ähnlich. Andere Mini-Menschen-Kinder wollen sich bei unserer Frieda Schüppe und Eimer ausleihen und das eigene Kind sagt einfach vehement “Nein!”. Puh! Diesen sozialen Druck und die doofen Blicke anderer Eltern muss erstmal einer aushalten. Das fällt mir echt schwer, aber ich schaffe es zunehmend. Neulich hatten wir dann mal unsere Nachbarsjungen und ihre Mama zu Besuch bei uns. Die Jungs wollten natürlich dann auch in Friedas Zimmer toben und ihre unzähligen Spielzeuge ausprobieren. Die Beiden fragten sehr vorbildlich und während Frieda zu manchen Spielzeugen lieber “Nein” sagte, erlaubte sie ihnen andere Sachen jedoch sehr wohl zu benutzen. Auch hier merkte ich, wie schwierig es mir fällt die Geschehnisse auszuhalten, Frieda einfach mal machen zu lassen und mich nicht einzumischen. Irgendwie will ich dann den Konflikt, der ja eigentlich gar keiner ist, ganz schnell schlichten und am besten stehen wir dabei am Ende natürlich nicht als unfreundliche Gastgeber da. Verrückt! Dabei weiß ich es ja eigentlich besser. Um Teilen zu können müssen Mini-Menschen-Kinder sich in andere Menschen hineinfühlen können. Ich weiß auch, dass dies ein Entwicklungsschritt und kein Lernprozess ist und ich es nicht durch mahnende oder schlichtende Worte vorantreiben kann. Und ich weiß ebenfalls, dass Frieda mich in diesem Moment braucht.

An diesem Tag schaffe ich es aber ganz gut und kann die Entscheidung unserer Frieda sogar gut begleiten und unterstützen. Ich versichere ihr, dass sie ihre Lieblingssachen an niemanden abgeben müsse, sondern für sich ganz alleine behalten dürfe. Ich glaube Frieda fühlte sich durch meine Unterstützung bei mir aufgehoben, sicher und mitfühlend wahrgenommen. Das ist mir nämlich wichtig. Außerdem teile ich doch auch nicht wirklich gerne – zumindestens nicht meine absoluten Lieblingssachen.

Wie denkt ihr über das Thema? Müssen eure Kinder Spielzeuge abgeben? Haltet ihr sie zum Teilen an? Oder versucht ihr eure Kinder auch in ihrer Entscheidung zu unterstützen und sie zu begleiten? Wie haltet ihr dann die doofen Blicke anderer Eltern aus?

3 Comments

  • Das ist ein Thema, mit dem ich mich auch immer wieder beschäftige… Manchmal versuche ich, meine Große zu überreden, manchmal lasse ich sie gewähren – je nach Gegenüber und nach meiner eigenen Tagesform (wenn ich in dem Moment selbst eher schlapp weil übermüdet bin und keine Energie für Erklärungen gegenüber den anderen Eltern habe, dann tendiere ich eher dazu, meine Tochter zu zwingen, weil das wie der einfachere Weg erscheint). Ich habe vor einiger Zeit einen guten Artikel darüber gelesen, weiß leider nicht mehr wo, dass Kinder bis ca 4 Jahre nicht teilen können müssen, weil sie sich eben noch nicht in ihr Gegenüber einfühlen können und nicht verstehen, dass Leihen bedeutet, dass das Spielzeug nicht für immer weg ist, sondern zu ihnen zurückkehrt.
    Teilen ist aber bei uns auch im alltäglichen Spiel mit der kleinen Baby-Schwester ein großes Thema, Spielzeug ist eben in den seltensten Fällen in doppelter Ausführung da und muss demzufolge geteilt werden – und wer Geschwister hat, weiß, dass eigentlich IMMER das Spielzeug am interessantesten ist, was die Schwester gerade in der Hand hält…

  • Hallo!

    Ich habe auch umgeschwenkt. Mein Sohn muss nicht teilen, wenn er nicht will. Ich habe nämlich durchaus beobachtet, dass er gerne teilt. Nur eben nicht alles und nicht mit jedem. Ich finde das völlig legitim. Erwachsene verleihen ja auch nicht bedingungslos. Sätze wie “Du bekommst es ja wieder” sind auch irgendwie leichtsinnig. Was ist, wenn es eben nicht so ist, weil etwas kaputt geht zum Beispiel? Kann ja immer mal passieren, ohne dass eine böse Absicht dahinter steckt.

    Warum sollen Kinder außerdem immer gerade das abgeben, womit sie gerade spielen? Wenn ich gerade etwas mit schreibe, gebe ich ja auch nicht gerade diesen Stift an den nächsten weiter. Wenn ich in der Arbeit gerade den PC nutze, räume ich auch nicht einfach so den Platz, weil ihn der Kollege jetzt braucht.

    Kinder teilen sowieso. Halt nicht alles und nicht mit jedem. Das ist doch in Ordnung.

    Liebe Grüße
    Karin

  • Meine müssen mit Fremden nicht teilen, mit Freunden ist es ein “jein”, da muss Spielzeug weggeräumt werden, wenn keiner dran soll, also selbst das tolle neue Auto bespielen und es von niemandem anfassen zu lassen, finde ich nicht optimal. Allerdings ist das eigentlich selten ein Problem, ich finde eher, dass sie sowas überraschend toll selbst untereinander lösen, indem sie Alternativen anbieten oder sich freiwillig abwechseln.
    Ich finde es immer irritierend, wenn Leute meinen, nur, weil es Kinder sind, haben sie immer nachzugeben und müssen Fremden alles geben (wobei das doch dann oft die Eltern sind, deren Kinder nichts teilen müssen, die aber erwarten, dass alle anderen teilen).
    Ich wurde auch schon komisch angeschaut oder es kamen Sprüche, weil sie ihre Sachen nicht abgeben müssen.

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